Das dritte Jahr beginnt, in dem wir vor lauter Masken die Gesichter nicht mehr sehen. Mache ich jetzt einen Rückblick oder Ausblick? Es fällt mir beides schwer, denn die zart aufkeimende Hoffnung des Herbstes scheint den Winter nicht zu überstehen: Das Infektionsgeschehen mit Omikron ist zu dynamisch.
Was bedeutet das jetzt für Messen und Events? Die Antwort sehe ich weder, wenn ich den Kopf in den Sand stecke, noch versuche in die Zukunft zu schauen. Denn wieder gelingt es der Politik nur wochenweise auf Sicht zu fahren, was für die Live-Kommunikation mit der notwendigen Planungssicherheit fatal ist. Ich will jetzt aber keine Ursachenanalyse und Schuldzuweisungen betreiben, sondern eine gewagte These aufstellen.
Wir müssen so dynamisch werden, wie das Virus. Eindeutig zeigt sich schon jetzt, dass weder das Testen noch das Impfen die Pandemie selbst bis Ende des Jahres ausrotten kann, und dass es ein „back to normal“ geben könnte. Auch wenn jetzt wirksame Medikamente hinzukommen, ist das hilfreich für die Patienten, aber auch nicht mehr.
Was wir brauchen ist ein Leben mit der Pandemie. Ja, das tun wir so halbwegs ohnehin, aber immer mit der von der Politik genährten und den Medien transportierten Hoffnung, es sei bald vorbei. Wir brauchen diese neue Einstellung als Mensch, um bei den nächsten Schulschließungen oder Kontaktbeschränkungen - selbst nach einer zu erwartenden Empfehlung einer zweiten Boosterimpfung - nicht zu verzweifeln. Aber wir brauchen sie auch für die Unternehmen, die es ihnen erlaubt verantwortungsbewusste Entscheidungen für Live-Kommunikation in 2022 treffen zu können. Während ich das schreibe, komme ich gerade aus einer Videokonferenz zu einer geplanten bundesweiten Roadshow, die eh bestenfalls bezogen auf Live-Teilnehmende nur ein Hybridevent sein wird. Aber was gilt jetzt: was der Arbeitsschutz vorschreibt, die Regeln des Unternehmenssitzes oder die der Länder? Oder die neue, gerade beschlossene für Gastronomie geltende Regel 2G+. Aber ab wann gilt die bitte?
Es braucht endlich klarere Kommunikation, und keine sich ständig verändernden Auflagen und Verbote. Schließlich ist die Live-Kommunikation so sicher möglich wie das Leben selbst. Denn auch vor Corona mussten Unternehmen abwägen, was sie ihren Zielgruppen und Mitarbeitern an Alltagsrisiken zumuteten, ob bei der Anreise auf der Autobahn oder bei der Abschlussparty mit zu viel Alkohol. Wenn uns das nicht gemeinsam gelingt, können wir den Laden eigentlich komplett dicht machen.
Unsere Branche ist gerne bereit an den Perspektiven mitzuarbeiten. In Bremen hat sie gezeigt, wie gut das beim Impfen geht. Wir müssen als Gesellschaft nicht wieder so unvorbereitet die fünfte oder sechste Welle auf uns zukommen lassen.
Autor: Stephan Schäfer-Mehdi
Bildquelle: Depositphotos_21850235_iqoncept